Intermission: Über das Tragen von Masken während einer Pandemie
Bevor ich mich intensiv über jene Leute, die unsere Pandemie-Maßnahmen geflisstenlich ignorieren, aufregen kann, ein ganz kurzer Disclaimer: Ja, ich schreibe normalerweise über das Klima und klima-nahe Themen. Aber im Moment gibt es einfach zu viel über den Umgang der Menschen mit der aktuellen Pandemie zu erzählen... Darum eine schnelle "Entschuldigung" an alle jene unter Euch, die sich ausschließlich für klimabezogene Themen interessieren. Aber Ihr werdet am Ende dieser Miniserie sehen, dass es viele Gemeinsamkeiten in der Art und Weise gibt, wie die Menschen auf die Covid-19 und die Klima-Krise reagieren. Es ist also für alle etwas dabei.
Ja, ich trage eine Maske
Fangen wir mit den Basics an: Eine Maske zu tragen, um die Verbreitung von Covid-19 zu verhindern, wurde nicht nur von der WHO, dem RKI (Robert-Koch-Institut, da ich in Deutschland lebe), sondern im Grunde genommen von allen anderen Gesundheits-Institutionen der Welt als Notwendigkeit ausgerufen. Darüber hinaus habe ich selbst einige Zeit auf dem Gebiet der Immunoinformatik gearbeitet, so dass ich zumindest ein grundlegendes Verständnis darüber habe, wie sich Viren verbreiten. In der Summe bringen mich diese Punkte zu einer einfachen Schlussfolgerung: Ich trage eine Maske. Das Tragen der Maske in Supermärkten, öffentlichen Verkehrsmitteln oder beim Bringen meiner Kinder zur Schule macht nicht gerade Spaß... es ist eine Unannehmlichkeit, aber wirklich nur eine kleine Unannehmlichkeit. Außerdem trage ich eine Maske während meiner Physiotherapie, um meinen linken Fuß wieder in Gang zu kriegen (jep, ich schwitze regelmäßig mit Maske auf einem Fahrradergometer). Und schlussenendlich trug ich gerade kürzlich acht Stunden lang eine Maske, während meine Frau in den Wehen lag. All dies war und ist etwas unbequem. Ein wirkliches Problem war es aber nie. Im Gegenteil, manchmal habe ich sogar ein gutes Gefühl, eine Maske zu tragen, weil ich weiß, dass ich den Menschen um mich herum ein Gefühl der Sicherheit vermittle. Zu diesen Menschen gehören Ärzte, Hebammen, Lehrer oder Supermarktangestellte. Sie alle sind Menschen, um die ich mich kümmern sollte, weil ich sie in meinem Leben brauche (wohlgemerkt lasse ich hier sogar den philanthropischen Gesichtspunkt außer Acht, dass ich anderen Menschen ganz einfach keinen Schaden zufügen möchte).
Nein, nicht jeder trägt eine Maske
Im Gegensatz dazu gibt es aber viele Menschen, die sich weigern, Masken zu tragen. Soweit ich das überblicken kann, kann man sie in vier allgemeine Kategorien einteilen: Menschen der Kategorie 1 wissen eigentlich schon, dass Masken wichtig sind, aber sie tragen sie nicht gerne (wer tut das schon?), also lassen sie sie heimlich weg oder "vergessen" sie zu Hause oder lassen sie am Kinn hängen oder lassen ihre Nase aus der Maske ragen. Fairerweise muss man sagen, dass das Weglassen der Nase aus der Maske das Atmen ziemlich erleichtert. Zufälligerweise erleichtert es aber auch die Übertragung des Virus. Eine Maske zu tragen, ohne die Nase abzudecken, ist also nur halb ausreichend. Im besten Fall. Und im Falle eines überraschenden Niesers sorgt die unbedeckte Nase dafür, dass alle um einen herum mit dem, was aus einem herauskommt, voll sind. Es reicht also sicher nicht aus, die Maske so zu tragen. Mund und Nase, Leute!
Menschen der Kategorie 2 tragen keine Masken oder tragen sie falsch, einfach weil sie nicht verstehen, was hier gerade geschieht und wie sich Viren verbreiten. Das beste Beispiel sind Personen, die zwar Masken tragen, sie aber herunterziehen, wenn sie zu sprechen beginnen - einfach weil das Sprechen ohne Maske einfacher ist. Unnötig zu sagen, dass auch dies die Ausbreitung nicht aufhalten wird. An diesem Punkt möchte ich Euch explizit versichern, dass Ihr das Virus besonders dann verbreiten könnt, wenn Ihr mit jemandem sprecht. Und einfach nicht verstanden zu haben, wie das alles funktioniert, ist keine Entschuldigung für so ein mittelmäßiges Verhalten. Denn inzwischen sollte jeder gemerkt haben, dass etwas in der Welt nicht stimmt. Und jeder hatte die Möglichkeit, Informationen darüber zu sammeln, wie man sich richtig verhält, um die Situation nicht noch zu verschlimmern. Fernsehen, Medien, Piktogramme und Anweisungen überall... man kann einfach nicht mehr sagen, man wüsste nicht, wie das alles funktioniert, ohne sich als kompletten Dummkopf oder Ignorant zu entlarven.
Ich möchte auch gern glauben, dass es einige Leute gibt, die keine Masken tragen, um zu zeigen, wie cool und relaxed sie sind. Diese Menschen der Kategorie 3 sehen sich gerne als Fels in der Brandung eines Meeres voller panischer Lemminge. Gewöhnlich sind es sechzehnjährige Typen in Lederjacken, aber es funktioniert auch für Menschen, die etwas älter als sechzehn sind, sich aber wahrscheinlich immer noch als solche fühlen. Ihr üblicher Kommentar zu allen Fragen im Zusammenhang mit Covid lautet: "Findest Du nicht, dass das alles völlig übertrieben ist? Schau mal wie alle überreagieren, lol". Die einzig mögliche Antwort darauf lautet: "Überreagieren? Die wissenschaftliche Gemeinschaft, die medizinische Gemeinschaft und nicht zuletzt die Gemeinschaft der Leichenbestatter haben da eine ganz andere Meinung. Frag die mal."
Aber kommen wir zur eigentlichen Bedrohung: Menschen der Kategorie 4 sehen und hören zwar all die Informationen, die von den Medien und Gesundheitseinrichtungen verbreitet werden. Aber anstatt den Anweisungen zum Wohle aller zu folgen, entscheiden sie sich wissentlich, es nicht zu tun. Die Grunde sind vielfältig: Einige glauben immer noch, dass es sich "nur um eine Grippe" handelt. Andere glauben, es handele sich um eine große Verschwörung der Pharmaindustrie, um Impfstoffe zu verkaufen (wenn das wahr sein sollte, macht bitte ein bisschen schneller, Big Pharma). Viele glauben, dass ihre Persönlichkeitsrechte durch die Maskenpflicht verletzt werden (das ist so, als würde man sagen, dass das Anlegen eines Sicherheitsgurtes im Auto einem das Recht nimmt, keinen Sicherheitsgurt anzulegen). Oder vielleicht geht es auch um 5G und die Impfstoffe werden verwendet, um Chips zu implantieren, die über die neuen 5G-Türme überwacht werden können. Obwohl ich mir blöd vorkomme, dies hier zu betonen: Nichts von all dem ist wahr! Und es ist schlichtweg idiotisch, die enorme Menge an verlässlichen Informationen, die zu diesem Thema zur Verfügung stehen, nicht zu befolgen und die Verbreiter als "gleichgeschaltete Mainstream-Medien" zu bezeichnen. Wenn Ihr an der Psychologie von Verschwörungstheorien interessiert seid und daran, was Menschen, die an sie glauben, gemeinsam haben und wie man ihnen entgegentreten kann, werft einen Blick in das Verschwörungshandbuch von Prof. John Cook (George Mason University) und Prof. Stephan Lewandowsky (University of Bristol). Ich kann mit ein wenig Bauchpinselung sagen, dass ich bei der deutschen Übersetzung des Handbuchs geholfen habe. Doch zurück zum Verhalten der Menschen aus Kategorie 4: es ist asozial, gefährlich und dumm. Ironischerweise haben sie dabei das Gefühl, dass sie die Einzigen sind, die nicht dumm sind. Aber das ist eine Geschichte für einen anderen Tag.
Wie begegnet man Menschen, die keine Maske tragen?
Das ist ein extrem schwieriges Thema. Ich bin ein Mensch, der öffentliche Konfrontationen nicht allzu sehr mag. Jemanden zu konfrontieren, der z.B. keine Maske in öffentlichen Verkehrsmitteln trägt, mache ich nicht gerade gern. Obwohl ich mir völlig sicher bin, im Recht zu sein und auch jedes Recht habe, die Person zu konfrontieren. Und trotz der Tatsache, dass ich genügend Wissen habe, um Wissenschafts- und/oder Covid-Leugnern richtig zu begegnen... tue ich es selten. Normalerweise gehe ich einfach weg, um so viel Platz wie möglich zwischen mich und den Delinquenten zu bringen, um meine eigene Haut zu retten. Warum teile ich diese Information mit Euch? Weil ich wirklich glaube, dass viele Menschen genauso denken. Und wenn möglichst viele Leute lesen, dass es anderen genauso geht wie ihnen, werden wir alle selbstbewusster in unserem Verhalten. Wir können Menschen, die sich unsozial verhalten, besser gegenübertreten und sie mit ihrem Fehlverhalten konfrontieren. Denn das müssen wir.
Das Problem bei der Konfrontation mit diesen Menschen ist, dass man nie weiß, ob man einen Verrückten vor sich hat. Die meisten gesunden und vernünftigen Menschen tragen nämlich Masken. Und wenn sie keine Maske tragen, gehören sie wahrscheinlich in eine der vier oben beschriebenen Kategorien. Aber welche Kategorie ist es? Die Kategorien 1 und 2 würden sich wahrscheinlich schämen, wenn man sie konfrontiert, und die Maske schnell aufsetzen. Kategorie 3 würde vielleicht ein bisschen meckern und die Maske dann aufsetzen, während er zur Wahrung des Gesichts noch einen coolen Einzeiler droppt (z.B. "Wacht auf, Ihr Schafe!"). Was aber, wenn es sich um ein Exemplar der Kategorie 4 handelt? Dann ist Dein Tag von hier an wahrscheinlich im Arsch. Denn er (nehmen wir mal an, es ist ein Mann) ist sich sicher, dass wir alle Dummköpfe sind, die "Mainstream-Medien" konsumieren und der "Mainstream-Wissenschaft" (was auch immer das ist) folgen. Und dass man uns mal die Meinung geigen muss. Oder eine verpassen (ja, es gibt viele Videos von physischen Konfrontation über Masken-Streits). Jeder entstehende Streit würde nicht von der Person mit den besten und logischsten Argumenten gewonnen werden, sondern von der Person, die lauter und aggressiver ist. Und daraus sehe ich mich ehrlich gesagt nicht als Gewinner hervorgehen.
Zum Glück ist dies aber nicht die einzige Schlacht, die geschlagen werden muss. Die Konfrontation mit Verwandten oder Freunden über unterschiedliche Standpunkte zum Klima oder zur Covid-Wissenschaft zum Beispiel liegt komplett in meiner Komfortzone. Diese Diskussionen sind normalerweise viel ruhiger und freundlicher (ja, normalerweise). Und wenn Verwandte oder Freunde mir dann erzählen, dass Tauben mit elektrischen Schaltkreisen gefüllt sind und ferngesteuert werden, um uns zu überwachen, kann ich ganz ruhig mein Handbuch zu Verschwörungstheorien zur Hand nehmen und mich an die folgenden Zitate erinnern:
"Annäherungen sollten einfühlsam sein und versuchen, Verständnis mit der anderen Partei aufzubauen. Da das Ziel darin besteht, die Aufgeschlossenheit des Verschwörungstheoretikers zu entwickeln, müssen Kommunikatoren mit gutem Beispiel vorangehen".
"Verschwörungstheoretiker verstehen sich als kritische Denker, die sich nicht von einem offiziellen Bericht täuschen lassen. Diese Wahrnehmung kann man sich zunutze machen, indem man den Wert des kritischen Denkens lobt, aber dann diesen Ansatz auf eine kritischere Analyse der Verschwörungstheorie umlenkt".
"Eine Verschwörungstheorie aggressiv zu dekonstruieren oder lächerlich zu machen oder sich darauf zu konzentrieren, ein Argument zu "gewinnen", wird oft automatisch abgelehnt. Beachten Sie jedoch, dass Lächerlichkeit nachweislich bei einem breiten Publikum funktioniert."
(diese Zitate werden von Referenzen zu den zugrundeliegenden wissenschaftlichen Studien begleitet; Ihr findet sie im Handbuch)
Danke für all den Weltschmerz; und jetzt?
In diesem Artikel ging es hauptsächlich um Menschen, die Masken tragen... oder halt nicht. Es ging auch ein wenig über die Klassifizierung und Konfrontation von Nicht-Maskenträgern. Aber das ist alles nur ein sehr kleines Stück des großen Covid-19-Puzzles. Im nächsten Artikel werde ich näher auf die verschiedenen politischen Ansätze zur Bekämpfung der Pandemie und die damit verbundenen Probleme eingehen. Parteilichkeit, Misstrauen und wissenschaftsfeindliche Ressentiments haben viele Regierungspläne zum Scheitern verurteilt (so sie denn überhaupt bestanden). Kommt Euch das bekannt vor? Wenn nicht, denkt mal an die Klimawissenschaften und die Reaktion der Menschen darauf. Ich werde mich im nächsten Blog-Beitrag näher mit diesen Themen befassen.
Photo credits: Evgeni Tcherkasski, Adli Wahid, Jusdevoyage, zydeaosika