#03: Wer verbreitet Falschinformationen und warum?
Die Menschheit hat einen ständig wachsenden Bedarf an Energie. Seit wir nicht mehr auf Kerzen als Lichtquelle angewiesen sind und immer mehr elektrische Geräte verwenden, ist der Energieverbrauch pro Person im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte immens gestiegen. Nach der Industrialisierung und der technischen Revolutionen der folgenden Jahrzehnte ist es schwierig, den Überblick über unsere täglich konsumierte Energiemenge zu behalten (und sie ist je nach Wohnort sehr unterschiedlich). Diese Energie kommt nicht einfach so per Magie aus der Steckdose, sie muss produziert werden. Sie kann durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Öl, Erdgas und Kohle erzeugt werden, und dies geschieht seit Jahrhunderten. Fossile Brennstoffe waren immer eine billige und auch intelligente Art der Energieerzeugung, und in der Tat stünde unsere Zivilisation ohne die Verbrennung dieser Stoffe wahrscheinlich nicht da, wo sie jetzt ist. Sie waren im Überfluss vorhanden, und es war nicht schwer, sie für unsere Bedürfnisse einzusetzen. Da der Energieverbrauch immer weiter in die Höhe schnellte, lag es nahe, immer mehr zu verbrennen und zu verbrennen. Niemand sah ein Problem mit dieser Art der Energieerzeugung, und die Tatsache, dass es Auswirkungen auf unser Klima haben könnte, war völlig unbekannt.
Langsam wurde den Wissenschaftlern jedoch klar, dass die Verbrennung fossiler Brennstoffe schreckliche Konsequenzen haben könnte (eine kurze Zusammenfassung über diese Entwicklung folgt im nächsten Blogbeitrag). In etwa zeitgleich fand die Menschheit viele alternative Möglichkeiten, Energie ohne die Verbrennung fossiler Brennstoffe zu erzeugen. Besonders erneuerbare Energien scheinen verlockend zu sein: Energie durch Sonnenstrahlen oder die Kraft des Windes zu erzeugen! Diese Technologien haben sich in den letzten Jahrzehnten sehr vielversprechend entwickelt. Und da wir so valide Alternativen zur Verbrennung fossiler Brennstoffe haben, versuchen die konkurrierenden Industrien jede für sich, die Führung in der Versorgung der Menschheit mit Energie zu übernehmen.
Das Imperium schlägt zurück
Die Industrie für fossile Brennstoffe hat in den letzten 150 Jahren ungeheure Summen mit der Erzeugung von Energie verdient. Die großen Akteure - wie ExxonMobil, Chevron, Shell oder BP - wollen diese Vormachtstellung ganz offensichtlich nicht aufgeben, was absolut nachvollziehbar ist. Und ihre Industrie ist in der Tat massiv: Sie produzieren Energie für die Welt, sie beschäftigen viele Millionen Arbeitnehmer in sehr unterschiedlichen Bereichen, und das macht sie äußerst einflussreich in der Politik. Damit sind sie gut gerüstet für intensive Lobbyarbeit. Und ihre Methoden haben sich als ziemlich rücksichtslos erwiesen: konfrontiert mit dem wachsenden Sektor der erneuerbaren Energien und dem wachsenden Widerstand aus Klimaforschung und Bevölkerung, zeigten sie das Verhalten eines in die Enge getriebenen Tieres. Wie das genau aussah, wurde in so vielen Filmen (lest/schaut "The Merchants of Doubt"), Essays, Artikeln und Büchern ausführlich beschrieben, dass es eine mühselige Aufgabe wäre, diese Geschichte auf eine andere oder sogar bessere Art und Weise noch einmal zu erzählen. Daher verlasse ich mich auf die Worte des versierten Klimatologen und Geophysikers Michael Mann (ja, er ist einer der Experten, von denen ich sagte, dass Ihr ihm zuhören solltet), der das Buch "The Madhouse Effect: How Climate Change Denial Is Threating Out Planet, Destroying Our Politics, and Driving Us Crazy" geschrieben hat. Ein Auszug:
"Jahrzehntelang haben Sonderinteressen der Industrie teure Werbekampagnen finanziert, Think Tanks und Frontgruppen mit umfangreichen Mitteln ausgestattet und Wissenschaftler mit beeindruckenden Referenzen angeheuert, um wissenschaftliche Erkenntnisse anzugreifen, die ihr Produkt - sei es Tabak, Industriechemikalien oder fossile Brennstoffe - bedrohen (siehe für eine ausführliche Besprechung das Buch 'The Republican War on Science' von Chris Mooney). [...]
Als der Klimawandel Anfang der 1990er Jahre in den Vordergrund rückte, geriet die Klimawissenschaft zunehmend ins Fadenkreuz. [...]"
Der Sturz ehemals renommierter Wissenschaftler
Mann fährt fort, den Weltklasse-Physiker Frederick Seitz zu beschreiben, der bis dahin ein tadelloses wissenschaftliches Renommee hatte und einst Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften war. Er wurde einer der ersten aus einer Reihe herausragender Wissenschaftler, die von Interessengruppen für die Lobby-Arbeit eingekauft wurden.
"Was das Geld betrifft", fährt Mann fort, "ist der berühmte Upton-Sinclair-Witz 'Es ist schwierig, einen Mann dazu zu bringen, etwas zu verstehen, wenn sein Gehalt davon abhängt, dass er es nicht versteht' wieder einmal relevant. Nachdem er sich Ende der 1970er Jahre aus dem akademischen Bereich zurückgezogen hatte, erhielt Seitz mehr als 500.000 Dollar vom Tabakgiganten R.J. Reynolds für sein Einsetzen für die Verharmlosung der Gesundheitsgefahren des Tabaks. In seiner anschließenden Rolle als Vorsitzender von GMI erhielt er Gelder von anderen Unternehmen, einschliesslich des Giganten für fossile Brennstoffe ExxonMobil, um die Bedrohung des Klimawandels herunterzuspielen (für weitere Informationen und Hintergründe siehe das Buch 'The Merchants of Doubt' von Naomi Oreskes und Erik M. Conway)".
Was mit Seitz (und auch mit S. Fred Singer, siehe Grafik) geschah, war nur der Anfang einer globalen und teuren Fehlinformations-Kampagne der fossilen Brennstoffindustrie (siehe Hinweise zu Seitz' Leben und seinen besorgniserregenden Verbindungen). Think Tanks (wie das berühmt-berüchtigte Heartland Institute) haben Klimawissenschaftler angegriffen und Zweifel an der ganzen Thematik des Klimawandels gesät, die an sich schon so kompliziert ist. Es würde wirklich den Rahmen dieses kleinen Blogbeitrags sprengen, einen detaillierten Überblick über all die nachfolgenden Kämpfe zu geben, die gegen die Klimawissenschaft und die Klimawissenschaftler persönlich angestrengt wurden. Aber erstens werden wir in diesem Blog immer wieder über dieses Thema stolpern und nach und nach immer mehr Details hinzufügen. Und zweitens kann ich Dich schon jetzt zu ausgezeichneten Ressourcen zu diesem Thema ermutigen: (i) lies das bereits erwähnte "The Madhouse Effect" von Mike Mann, (ii) schau oder lies "The Merchants of Doubt" von Oreskes/Conway, und (iii) wenn Du zu hibbelig bist, um ein Buch zu bestellen und darauf zu warten, wähle einen der folgenden Artikel zum direkten Weiterlesen (wenn Du Probleme mit englischen Texten hast, kann ich das hervorragende Übersetzungs-Tool DeepL empfehlen):
- How the oil majors have spent $1Bn since Paris on narrative capture and lobbying on climate, TheInfluenceMap
- Revealed: top UK thinktank spent decades undermining climate science, The Guardian
- The five corrupt pillars of climate change denial, The Conversation
- Revealed: Mobil sought to fight environmental regulation, documents show, The Guardian
- Coverage of Climate Denial by Conservative Think Tanks Has Increased, Common Dreams
Für deutsche Leser kann ich noch diese sehr entlarvende und gut zu lesende Stück über die Heartland Lobby empfehlen.
(Fotoquellen: skepticalscience.com, crankyuncle.com: Danke!)